Nikolai Rimski-Korsakow
Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow wurde am 6.März (jul.)/18.März 1844 (greg.) in Tichwin bei Sankt Petersburg geboren und starb am 8.Juni (jul.)/ 21.Juni 1908 (greg.) auf Gut Ljubensk bei Luga. Er war ein russischer Komponist.
Rimski-Korsakow stammte aus der angesehenen Familie Rimski-Korsakow, deren männliche Mitglieder traditionell in militärischen Diensten standen, besonders in der russischen Marine. Die Eltern waren daneben aber auch stark musikalisch interessiert, erkannten seine musikalische Begabung und förderten sie.
1856 begann seine militärische und schulische Ausbildung im Seekadettenkorps in Sankt Petersburg, die er 1862 abschloss.
An der Kadettenschule setzte Rimski-Korsakow seinen Klavierunterricht fort, interessierte sich aber hauptsächlich für die Oper und die darin verwendeten Instrumente. Als 13-Jähriger schrieb er seinem Onkel folgenden Brief:
„Liebster Onkel! Stell dir meine Freude vor, heute gehe ich ins Theater! Ich werde Lucia sehen! Ich werde das riesige Orchester und Tam-tam hören! und sehen, wie der Dirigent mit seinem kleinen Stock herumfuchtelt! Im Orchester gibt's 12 Geigen, 8 Bratschen, 6 Celli, 6 Kontrabässe, 3 Flöten, 8 Klarinetten, 6 Hörner und diese ganzen Sachen.“
Im Herbst 1859 erhielt er einen neuen Klavierlehrer, Théodore Camille, der ihn mit den Komponisten Balakirew und Cui bekannt machte. Ermuntert von seinen Förderern, begann er, sein erstes Werk, eine Sinfonie in es-moll, zu schreiben. Vollenden konnte er das Werk jedoch erst im Jahre 1865, da er nach Abschluss seiner Ausbildung zunächst für drei Jahre auf das Kriegsschiff „Almaz“ kommandiert war. Ende des Jahres 1865 führte Balakirew das Werk schließlich in Petersburg auf. In den folgenden Jahren beschäftigte sich Rimski-Korsakow zunehmend mit russischer Volksmusik und altrussischen Überlieferungen.
Als er 1880 das phantastische Theaterstück Snegurotschka („Schneeflöckchen“) des russischen Dramatikers Alexander Nikolajewitsch Ostrowski als Oper vertonte, verbrachte er diese Zeit in einem Zustand außerordentlicher Erregung, wie er später beschrieb:
„zur Natur betend – zu einem krummen alten Baumstumpf, zu einer Weide oder jahrhundertealten Eiche, zum Waldstrom, zum See ... oder zum Hahnenschrei, der die Hexerei der Nacht verscheucht ... Es schien mir manchmal, dass Tiere, Vögel, ja sogar Bäume und Blumen mehr über die Magie und Phantasie als Menschen wissen ... Ich glaubte mit Wärme an all das wie ein Kind ..., und in diesen Minuten schien mir die Welt näher, verständlicher, und ich war irgendwie mit ihr verschmolzen!“
Im Juli 1871 wurde er Professor für Instrumentation und Komposition am Sankt Petersburger Konservatorium, und im Dezember desselben Jahres heiratete er Nadeschda Purgold, ebenfalls Komponistin und ausgezeichnete Pianistin.
Von 1874 bis 1881 war er Direktor der Freischule für Musik und wirkte als Dirigent und Pädagoge. Durch seine bedeutende akademische Position und seine große Popularität wurde er zum wohl einflussreichsten Vertreter des sogenannten „Mächtigen Häufleins“. Eine wichtige Rolle kommt ihm auch bei der Bearbeitung und Verbreitung der Werke Mussorgskis zu, die er in oft geglätteter Form der Öffentlichkeit zugänglich zu machen suchte.
Sein Kompositionsstil war beeinflusst von Glinka und Balakirew, Berlioz und Liszt. Zu seinen unmittelbaren Schülern gehörten Glasunow, Gretschaninow, Strawinski und Prokofjew; sein Einfluss ist aber auch noch in den Orchesterwerken von Ravel, Debussy, Dukas und Ottorino Respighi spürbar.
Rimski-Korsakow schuf 15 Opern, diverse Orchesterwerke, die meist zur Programmmusik gerechnet werden, aber auch Chorwerke, Kammer- und Klaviermusik, Lieder und Bearbeitungen.
Seine Opern sind nicht auf der Grundlage dramatischer Spannung aufgebaut. Er komponierte keine Dramen, sondern musikalisch-szenische Märchen; die von ihm gestalteten Charaktere ähneln eher fantastischen Puppen. Auf diesem Feld war er einzigartig. Er verwendete zwei Arten von musikalischer Sprache: einerseits diatonisch und lyrisch, mit Einschüben russischer Volksmusik, für die „echten“ menschlichen Charaktere – andererseits chromatisch und hochartifiziell, oftmals auf der Grundlage einer eigens erfundenen Ganztonleiter, für die „unechten“ magischen Gestalten.
Zuweilen wird eine Parallele zwischen dieser Dualität in Rimski-Korsakows Werk und auffallenden Widersprüchen in seiner Persönlichkeit gezogen: Er wurde als außergewöhnlich kühl, objektiv und als religiöser Skeptiker beschrieben, gleichzeitig gestaltete er gern religiöse Zeremonien und war fähig, sich dem Naturmystizismus hinzugeben.