Torfrock
Torfrock ist eine Deutschrock-Band, die 1977 von Klaus Büchner und Raymond Voß gegründet wurde.
Die Musiker kennen sich zum Teil schon seit Mitte der 1970er Jahre. Klaus Büchner und Raymond Voß gründeten vor Torfrock zusammen mit anderen Musikern die Folk-Band Basia, die im Hamburger Ernst-Deutsch-Theater arbeitete und auftrat. Die Texte dieser Band lehnten sich an Literatur von Edgar Allan Poe und ähnlichem an.
Aus einer Idee Büchners in dieser Zeit, Songs u. a. von Jimi Hendrix mit plattdeutschen Texten vorzutragen, was sich beim Publikum für alle überraschend als Erfolg herausstellte, entwickelte sich der Plan, eine Band zu gründen, die sich dem regionalen Humor widmet. Teil des Konzeptes waren alltägliche Geschichten, die häufig in dem fiktiven, stereotypisch norddeutschen Dorf Torfmoorholm bzw. in der Wikinger-Metropole Haithabu platziert wurden. Die Besetzung der Band bestand zu dieser Zeit neben Klaus Büchner und Raymond Voß aus Thomas Rieckmann (Texter, Bass, Gesang), Reinhard Heinrichs (Texter, Percussion und Gesang) und Gunnar Kämmer (Percussion und Schlagzeug). Die Band wurde zunächst im norddeutschen Raum bekannt, der dadurch angesprochen wurde. Die erste Phase von Torfrock endete mit dem Aufkommen der Neuen Deutschen Welle.
Danach wandten sich die Musiker neuen Bandprojekten zu. Die Band Hammaburg bestand größtenteils noch aus denselben Mitgliedern und auch die Single war der Musik von Torfrock noch sehr ähnlich. Raymond Voß und Gunnar Kämmer gründeten 1982 die Band Eltern haften für ihre Kinder, die sich ernsteren Themen widmete. Den größten Erfolg hatte Klaus Büchner in den 1980er und 1990er Jahren als Kleiner Klaus zusammen mit Klaus Baumgart in dem Schlager- und Blödel-Duo Klaus und Klaus. Raymond Voß beteiligte sich zwischendurch am Texten; viele dieser Songs wurden später von Torfrock wieder neu verwendet. Klaus Büchner und Raymond Voß nahmen auch unter ihren eigenen Namen Singles auf.
Ende der 1980er Jahre fand Torfrock wieder zusammen. Nach unerwartet erfolgreichen vereinzelten Auftritten und dem bundesweiten Durchbruch durch Beinhart, dem Titelsong der ersten Werner-Comicverfilmung, beschloss die Band, wieder neue Musik zu veröffentlichen und auf Tournee zu gehen. Neben kleineren, über das ganze Jahr verteilten Tourneen gab Torfrock jährlich zu Weihnachten in verschiedenen norddeutschen Städten Konzerte mit dem Namen Die Beinharte Bagalutenwiehnacht.
Für den 1989 verstorbenen Bassisten Thomas Rieckmann sprang Uwe Meitzner ein. Auf den Wunsch von Voß hin, Torfrock zu einer Rockband zu machen, verstärkte der Solo-Gitarrist Jürgen Lugge ab nun die Band. Zusätzliche Musikprojekte liefen parallel. Zusammen mit Mitgliedern der Rattles wurde unter dem Namen Hoellenhunde eine Maxi veröffentlicht. Raymond Voß sang für Jay Stapley, den Gitarristen von Marius Müller-Westernhagen, auf der Single Orient Express. Auch noch Büchners Klaus-und-Klaus-Projekt bestand noch bis 1997, als Büchner seinen Ausstieg aus dem Duo beschloss, um sich Torfrock besser widmen zu können. Hier kam es später zu Konflikten und einer Umbesetzung, sowie zum für alle unerwarteten Tod von Jürgen Lugge im Jahr 1999.
Da Jürgen Lugge als unersetzlich respektiert wurde, bestand die Band nach dieser Krise aus vier Mitgliedern. Neben Klaus Büchner und Raymond Voß waren der Bassist Volker Schmidt und der Schlagzeuger Marc-Oliver ‚Olliwood‘ Steinwede dabei. Dieser wird seit 2009/10 durch Stefan Lehmann, Schlagzeuger der Band Ohrenfeindt, die seit drei Jahren mit Torfrock auf Tour sind, ersetzt.
Am Anfang der Geschichte von Torfrock stand die Idee, Klassiker der Rockmusik plattdeutsch zu interpretieren, wie Let's wörk togesser (Let's Work Together, Wilbert Harrison), Karola Petersen (Carol, Chuck Berry) oder He Jo (Hey Joe, u. a. Jimi Hendrix, The Leaves).
Aber schon auf dem ersten Album tauchten eigene humoristische Lieder auf, die auf Hochdeutsch, aber mit einem starken plattdeutschen Akzent vorgetragen werden.
Ein Teil der Torfrocklieder spielt in der Gegenwart und handelt vom ländlichen Leben der Torfstecher im fiktiven Dorf Torfmoorholm („Rut mit'n Torf“). Es geht um Figuren wie „Willi Wühlkelle“, Direktor des Amts für Altertumsforschung, „Presslufthammer B-B-B-B-Bernhard“, den Torfstechermeister „Adular Zech“, den eher eine eintönige Tätigkeit verrichtenden „Jörg vom Butterwerk“, den Straßenbauarbeiter „Tarzan von Teer“ oder den Baggerführer „Hannes Kabeltod“ in Liedern, welche die moderne gewerbliche Berufswelt auf Baustellen, in Werkshallen o. ä. – die den Musikern nicht unbekannt ist – persiflieren. Berühmt werden auch die satirischen Aufarbeitungen der Auswüchse der Freizeitgesellschaft („Die Sonntagsjäger“, „Der Boxer (Haut mir doch bitte nicht mehr auf die Lippe)“, „Die Butterfahrt“).
Andererseits spinnen sie volkstümlich historische Geschichten um die Wikinger-Siedlung „Haithabu“, eine archäologische Fundstätte in Schleswig-Holstein. Zentrale Figur dieser Geschichten ist Rollo der Wikinger, ein trinkfreudiger, raubeiniger, rothaariger Wikingerhäuptling, der angeblich an der „Überfahrt nach Amerika“ führend beteiligt gewesen sein soll. Fiktive Quelle der Wikingerlieder ist nach Aussagen der Gruppe ein Runenstein in Torfmoorholm. Kultstatus gerade in Norddeutschland erreichte das Lied „Volle Granate, Renate“ um eine gleichnamige Wikingerfrau.
In der Figur von Rollo dem Wikinger sind offensichtlich die geschichtliche Figur des Normannenfürsten „Rollo der Wikinger“ und die amerikanische Comic-Figur Hägar der Schreckliche vermengt worden.
Besonders während der Bagaluten-Wiehnacht, aber auch auf Open-Air-Festivals oder auf Stadtfesten tritt die Band zusammen mit teilweise mehreren Vorgruppen auf, die inzwischen ca. zwei bis drei Jahre mit ihnen gemeinsam touren. Anfang der 1990er Jahre gab es Auftritte mit der Fuckin' Kius Band (die sich später in F… Kius Band umbenannte und vor allem im Umfeld ihrer Herkunft, dem Dorf Kius im nördlichen Schleswig-Holstein, bekannt blieb). Später wurde mit den Whisky Priests eine britische Band ins Vorprogramm genommen, von denen ein Mitglied auch vorübergehend beim Besetzungswechsel von Torfrock einsprang. Sven Hallik, Sänger der nächsten Vorgruppe „LouiZiana Hayriders“, die für eine Mischung aus Rockabilly, Bluesrock, Country und Southernrock bekannt sind, ist bis heute des Öfteren mit seiner Gitarre gern gesehener Gast auf der Torfrock-Bühne. Neben den „Drangdüwels“, die zu Folk-Klängen plattdeutsche Texte auf die Bühne bringen, ist aktuell noch Ohrenfeindt als Vorgruppe bei Torfrock tätig. Es ist Tradition bei Torfrock, vor dem Schlusslied (früher „Torfmoorholm Sagt Gute Nacht“, jetzt „(Leise Pieselt) Das Reh“ oder „Torfmoorholm Geht Penn'“) zusammen mit allen Vorgruppenmusikern das Stück „Let's Wörk Togesser“ vorzutragen. Neuerdings zählen auch „Die Wohnraumhelden“, Die Fischer, Rubber Chukks und die Rockaholic Rebels zu den Vorgruppen Torfrocks.
Anfang der 1990er Jahre nach den Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen setzte Torfrock in Interviews und bei einer Aktion der Hamburger Morgenpost Zeichen gegen Ausländerfeindlichkeit. Die Band unterstützt die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger durch Verkäufe von Bandkalendern und der Single „Search And Rescue“ (SAR), deren Text der harten und nicht ungefährlichen Arbeit des Seenotrettungsdienstes Respekt erweist.